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Anno dazumal am Semmering
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Rodeln, Bobsleigh, Skeleton Der Semmering als Winterstation. “Wer den Semmering in den letzten Jahren während der Zeit, als hier alles in Schnee gehüllt war, besuchte, braucht wohl keine weitere Aufklärung. Noch selten hat sich ein Ort in so kurzer Zeit zu einem Sportplatz allerersten Ranges aufgeschwungen. Dazu trägt wohl auch sehr viel die Nähe Wiens bei. Es existiert gewiss keine andere Großstadt, von der man in zwei Stunden eine so herrliche Hochgebirgsgegend, wie den Semmering erreichen kann. Derselbe bietet nicht allein ein unvergleichlich schönes Panorama, sondern auch prachtvolle Hänge für den Ski- und Rodelsport. Dem letzteren hat man mehrere vorzügliche Rodelbahnen geschaffen, die sich hauptsächlich in der Nähe des Hotel Panhans und Hotel Erzherzog Johann, wo auch ein großer Eislaufplatz ist, befinden. Für den ernsten Sportbetrieb wurde mit großen Kosten eine Bob-Rennbahn vom Sonnenwendstein herunter gebaut, dessen Ziel ebenfalls beim Hotel Erzherzog Johann ist. Diese Bahn, die hauptsächlich durch munifizente Unterstützung des regierenden Fürsten Liechtenstein zustande kam, wird vom Winter-Sport- Club, an dessen Spitze tatkräftige, fachkundige Männer stehen, instand gehalten und geleitet. In den beiden Hotels Panhans und Erzherzog Johann konzentriert sich nicht nur die Sportgesellschaft, sie sind auch das Absteigquartier des allerhöchsten Hofes und der hohen Aristokratie, sowie Erholungsbedürftiger. Die Einrichtungen entsprechen wirklich dem modernsten hygienischen Komfort, so daß sich der verwöhnteste Gast wochen- und monatelang hier wohl fühlen kann. (F. Panhans)” (Ill. Österr. Sportblatt, 19. Jänner 1908, S. 9) Eine Rodelbahn am Semmering. Ein Appell an den Winter-Sport-Club. “Der eifrige Vorkämpfer für die Sache der Rodler, Herr Dr. Rziha, schreibt uns folgenden, in lebhaftem Ton gehaltenen Appell: Der zielbewußten, energischen Leitung des Winter-Sport-Clubs ist es gelungen, in nicht ganz zwei Jahren auf dem Semmering zwei Werke zu schaffen, die dem Semmering heute schon den Stempel eines erstklassigen Wintersportplatzes aufdrücken. Die Sprungbahn am Pinkenkogel und die Bob- Rennbahn im Jung-Herrenwald sind zwei Marksteine für die Entwicklung des österreichischen, speziell Wiener Wintersports. Insbesondere die Erbauung der Bob-Rennbahn war eine Tat ersten Ranges. Dem schönsten Zweig des Schlittensportes fehlt die Luft zum Athmen ohne eine solche Bahn. Der Bob braucht als Rennfahrzeug eine Rennbahn. Mit der Erbauung der Bahn hat erst die Entwicklung des Bob-Sportes kräftig eingesetzt, der bis dahin im Auersbach-Graben sein Leben kümmerlich fristete. Dem Skeleton-Sport dagegen wurde überhaupt erst die Existenzmöglichkeit geschaffen. Der Skeletonfahrer ist ja am allermeisten abhängig von der Anlage der Bahn und Beschaffenheit der Decke. Alle die prächtigen Waldwege im weiteren Semmering-Gebiete (Payerbach, Prein), die dem Rodler ein Feld der Tätigkeit eröffnen, sind ja dem Skeletonfahrer, der Wert auf den Besitz eines unzerschmetterten Stirnbeines legt, verschlossen. Auf der nun bis ins Detail ausgebauten Bob-Bahn mit den prächtig korrespondierenden Ueberböschungen der kleinen Biegungen und den steilen Aufbauten ihrer scharfen Kurven, kann auch der Skeletonfahrer gute Zeiten erzielen und ein schönes Rennen fahren. Nur einer steht dabei und trauert – der Rodler. Zwar nicht der Rodler schlechtweg. Wer nur nach harmlos heiterer Belustigung verlangt, der findet auf der Steinhauserstraße, der Rodelbahn von dem Südbahnhotel in die Adlitzgräben (die leider oft aper ist), der Panhans Rodelbahn etc. Gelegenheit zu einer fröhlichen Fahrt. Auch eine Fahrt auf der Bob-Bahn wird, wenn die Scheu vor dem „blanken Eis“ überwunden ist, viel Freude machen. Blankes Eis auf gut überhöhten Kurven schadet nichts, da gibt es kein Schleudern. Aber der Rennfahrer unter den Rodlern, der Mann, dessen Mut und Geschicklichkeit genau so hoch einzuschätzen ist, wie das Können der Skeletonfahrer auf der Cresta, kommt zu kurz. Leute, die gewohnt sind, auf 4 bis 5 km langen Waldwegen mit ihren schweren Rennschlitten ins zu Tal zu sausen, Leute, die auf der Schmollhuben-Bahn, am Präbichel, am Hochlantsch um den Sieg ringen, stehen niedergeschlagen vor der 8% geneigten Bob-Bahn. Das ist nicht das Gebiet der Rodel, der sportlich gefahrenen Rodel, die so wenig Sportleute in Wien kennen, weil sie nie eine hochsportliche Rodelkonkurrenz mitgemacht haben. Es tut weh, sehr weh, die fortwährende Zurücksetzung der Rodel mit ansehen zu müssen. Das ist nicht die Rodel, die wir meinen, das Fahrzeug, das auf der Steinhauserstraße von Jung und Alt in heiterer Fröhlichkeit gefahren oder umgeworfen wird. Von dir Rodel sprechen wir, die sich auf der Präbichel-Reichsstraße, zwischen meterhoch ausgeschaufelten Schnee wänden dem Ziel tief unten bei dem kleinen Häuschen von Trofeng entgegenstürzt, wie der Raubvogel aus den Wolken auf die Beute stößt. Wir verdienen es nicht um den Sport, wir Rodler, daß man uns stets hinten ansetzt. Heute, da der Winter-Sport-Club seine Verpfli chtu ngen dem Ski, dem Bobsleigh und dem Skeleton gegenüber eingelöst hat, entstehen ihm neue der Rodel gegenüber. Der Winter- Sport-Club muß sich entscheiden, ob er nach Schweizer Muster in der Rodel nur ein Winter- Belustigungs-Gerät erblickt, oder ob er die Tatsache anerkennen will, daß im Jahre 1904 in der Steiermark, der doch auch ein Anteil am Semmering gebührt, die hochsportliche Ausgestaltung des Rodelns zu Rennzwecken begonnen wurde. Er darf nicht länger zugeben, daß seine „Rodelrennen“ international ausgeschriebene Belustigungen mit Zufallsresultaten sind. Die Erbauung – das Wort klingt übrigens viel zu prätentiös – die Herrichtung einer geeigneten Bahn für sportliche Rodelrennen am Semmeing selbst, mit demselben Ziel wie die Bobrennbahn womöglich, muß seine nächste Sorge sein. Es ginge so einfach, die Bahn braucht gar keine Trasse, gar keinen Unterbau, keine Kurvenbauten. Baumfällen und Zutalschaffen der Stämme, ein wenig Nachhilfe mit Krampen und Schaufel und der Waldweg ist fertig. An dem Entgegenkommen des erlauchten Protektors des Vereins ist wohl nicht zu zweifeln. Von Cote 1258 mit ca 15% Gefälle immer nördlich herab, die Bobbahn ober dem Einschnitt kreuzend und in dieselbe mit einem Steilstück knapp vor der Schlußkurse unter spitzem Winkel mündend, würde die Bahn eine wertvolle Ergänzung der ganzen Sportanlagen auf dem Semmering bilden. Dort könnten dann vornehme Konkurrenzen gefahren werden, und unter dem mächtigen Schutze der im Wintersporte leitenden Sportsmänner könnte von dieser Bahn aus unser Rodelsport, der zum tadellosen Rennsport von uns ausgestaltete Rodelsport, seinen Siegeszug in die Sportwelt beginnen. Ein Wiener, ein Grazer Sport, der die Welt erobert, wär das nicht schöner als immer nur nachbeten!” (Ill. Österr. Sportblatt, 19. Jänner 1908, S. 8-9)
Skizze der Bobsleigh-Bahn 1908 Die vielklingende "Bar zur Frostbeule" beim Start der Bobbahn (1911) Ill. Österr. Sportblatt März 1908 Rodeln, Bobsleigh, Skeleton